In den letzten Tagen haben die Parteien ihre Entwürfe für das Wahlprogramm für die Bundestagwahl 2025 veröffentlicht.
Der folgende Artikel setzt sich mit dem Wahlprogramm zur Familienpolitik der SPD auseinander. Ein vollständiger Entwurf des Wahlprogramms ist derzeit im Netz nicht verfügbar, allerdings haben eine Vielzahl von Journalisten jeweils Aspekte dieses Wahlprogramms zitiert, insoweit ist eine erste kursorische Analyse dieser Wahlaussagen möglich.
Die SPD und der Abschied von der „männlichen Gesellschaft“: Ein Blick auf das Wahlprogramm 2025
Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) geht in ihrem Wahlprogramm für die Bundestagswahl 2025 einen vermeintlich konsequent modernen Weg und bricht mit traditionellen Familienbildern. Im Fokus steht die Abkehr von den Begriffen „Mutter“ und „Vater“. Stattdessen spricht die SPD bewusst nur noch von „Elternteilen“ oder „Partnerinnen“. Diese Entscheidung reflektiert eine Gesellschaft, die Diversität betont und die starre Fixierung auf klassische Familienmodelle überwindet. Doch was als Fortschritt für Gleichstellung gefeiert wird, bleibt in einer entscheidenden Frage unklar: Wie trägt diese Neuausrichtung zur Zukunftssicherung bei, insbesondere zur Förderung der Geburtenrate?
Von der männlichen Gesellschaft zur menschlichen Gesellschaft
Die Idee, traditionelle Geschlechterrollen aufzubrechen, ist keineswegs neu. Sie hat ihre Wurzeln unter anderem in den 1980er-Jahren, als Erhard Eppler, prominenter SPD-Politiker und „Vordenker“, den inzwischen legendären Satz prägte: „Wer eine menschliche Gesellschaft will, muss die männliche überwinden.“
Eppler forderte eine Abkehr von patriarchalen Strukturen und Machtverhältnissen, die nicht nur den privaten Bereich, sondern auch die Politik und Wirtschaft dominierten. Für ihn war klar, dass eine gerechtere Gesellschaft eine neue Definition von Rollenbildern benötigt, frei von Hierarchien, die durch Geschlecht oder soziale Herkunft geprägt sind.
Dieses Gedankengut hat bis heute Einfluss auf die SPD und prägt ihr Handeln. Mit dem Wahlprogramm 2025 scheint die Partei diesen Weg konsequent weiterzugehen. Der Verzicht auf Begriffe wie „Mutter“ und „Vater“ ist dabei kein Zufall, sondern Ausdruck einer Haltung, die alle Lebensformen und Familienkonstellationen gleichermaßen einbinden will.
Das Wahlprogramm 2025: Vielfalt statt Tradition
Die SPD setzt in ihrem familienpolitischen Programm auf Inklusion und Geschlechtergerechtigkeit. Die wichtigsten Punkte umfassen:
- Erhöhung und Flexibilisierung des Elterngeldes: Jeder Elternteil soll Anspruch auf sechs nicht übertragbare Monate Elterngeld erhalten. Zusätzlich gibt es sechs flexibel nutzbare Monate, die Anreize für eine gleichberechtigte Aufteilung schaffen.
- „Familienstartzeit“: Partnerinnen sollen nach der Geburt eines Kindes zwei Wochen bezahlten Urlaub erhalten, um eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu fördern.
- Kündigungsschutz und Mutterschutz: Der Kündigungsschutz nach der Elternzeit soll auf drei Monate verlängert werden, und Frauen erhalten einen gestaffelten Mutterschutz bei Fehlgeburten.
- Kostenfreies Mittagessen in Kitas und Grundschulen: Um finanzielle Entlastung zu schaffen und Chancengleichheit zu fördern, sollen Kinder in Bildungseinrichtungen kostenlos verpflegt werden.
Diese und weitere Punkte wurden in verschiedenen Berichten über das Programm zusammengetragen. Während ein einheitliches Dokument zum Wahlprogramm 2025 derzeit noch nicht öffentlich zugänglich ist, können zentrale Inhalte auf der offiziellen Website der SPD sowie in Artikeln wie dem Bericht von Welt („SPD verspricht Erhöhung des Elterngeldes und Familienstartzeit“) nachgelesen werden.
Die sprachliche Neuausrichtung hin zu „Elternteilen“ statt „Mutter“ und „Vater“ ist nicht nur Symbolpolitik, sondern Ausdruck einer grundsätzlichen Umorientierung. Die SPD will damit zeigen, dass Familie heute mehr ist als das klassische Modell aus Vater, Mutter und Kind.
Ein Wirken-Zeitgeist, aber kein Beitrag zur Geburtenrate
Während die SPD mit ihrem Ansatz den Zeitgeist widerspiegelt, bleibt eine entscheidende Frage unbeantwortet: Wie trägt diese Politik dazu bei, die Geburtenrate in Deutschland zu steigern?
Deutschland zählt seit Jahrzehnten zu den Ländern mit den niedrigsten Geburtenraten weltweit. Trotz zahlreicher familienpolitischer Maßnahmen – vom Elterngeld über den Ausbau der Kinderbetreuung bis hin zu steuerlichen Vorteilen – bleibt die durchschnittliche Kinderzahl pro Frau deutlich unter dem Niveau, das für eine stabile Bevölkerung erforderlich wäre.
Die SPD befeuert mit ihrer Politik vor allem einen gesellschaftlichen Diskurs über Gleichberechtigung und Vielfalt, aber konkrete Anreize, die zu einer Steigerung der Geburtenrate führen könnten, fehlen.
- Fehlende finanzielle Anreize: Die geplante Erhöhung des Elterngeldes und die Einführung von kostenfreiem Mittagessen sind sinnvolle Entlastungen, aber sie ändern nichts an den grundlegenden Sorgen vieler potenzieller Eltern:- steigende Lebenshaltungskosten,
– unsichere Arbeitsbedingungen und
– ein Mangel an bezahlbarem Wohnraum. - Kultureller Einfluss auf die Familienplanung: Mit ihrer Orientierung an Diversität und individueller Freiheit fördert die SPD einen gesellschaftlichen Trend, der sich weniger auf die Förderung der Familie als institutionelle Säule konzentriert, sondern auf die individuelle Selbstverwirklichung. In einer solchen Kultur sinkt jedoch die Bereitschaft, größere Familien zu gründen.
- Strukturelle Herausforderungen: Während andere europäische Länder wie Frankreich oder Schweden mit aktiver Familienpolitik die Geburtenrate stabilisiert haben, setzt die SPD in Deutschland lediglich auf symbolische Maßnahmen. Die sprachliche Anpassung hin zu „Elternteilen“ mag inklusiv sein, aber sie adressiert nicht die praktischen Hindernisse, die viele Paare von der Familiengründung abhalten.
Ein schmaler Grat zwischen Fortschritt und Symbolpolitik
Die SPD steht mit ihrem Wahlprogramm 2025 exemplarisch für eine Gesellschaft im Wandel und im Niedergang. Sie hat nicht erkannt, dass klassische Familienmodell weiterhin bei der Mehrzahl der Menschen in Deutschland das erstrebenswerte Leitbild darstellt. Die Forderungen von Erhard Eppler, patriarchale Strukturen zu überwinden und eine gerechtere Gesellschaft zu schaffen, haben über viele Trennungsfamilien großes Unheil gebracht.
Ob die SPD damit den Zeitgeist trifft und gesellschaftliche Debatten befeuert, bleibt offen. Den Herausforderungen einer alternden Gesellschaft wird sie jedenfalls nicht gerecht.
Am Ende bleibt der Eindruck, dass die SPD mit ihrem Programm gesellschaftspolitische Zeichen setzen möchte, dabei aber an den konkreten Herausforderungen der Zukunft vorbeiarbeitet.
Denn wer eine menschliche Gesellschaft schaffen will, muss nicht nur die männliche überwinden, sondern auch die Bedingungen schaffen, unter denen Familien wachsen und gedeihen können.
Eine Anpassung des Textes bleibt vorbehalten, sofern das entsprechende SPD-Wahlprogramm vollständig vorliegt.