Am 31. Mai 2024 ereignete sich in Mannheim ein tragischer Vorfall: Der Islamkritiker Michael Stürzenberger wurde niedergestochen. Im anschließenden Kampf wurde ein Polizist zweimal in den Hals gestochen, was die Diskussion über den Schutz der Privatsphäre und die Sicherheit von Personen des öffentlichen Lebens erneut in den Fokus rückt.
Die Sächsische Zeitung berichtet von lebensgefährlichen Verletzungen des Polizisten. Die gesamte Tat der Messerfachkraft wurde übers Internet gestreamt, insofern existieren eine Reihe von Life-Streams davon. Schließlich wurde der Täter von einem weiteren Polizisten niedergeschossen.
Mannheim: Polizist bei Messerangriff schwer verletzt | Sächsische.de (saechsische.de)
Dürfen derartige Bilder den Weg in die Öffentlichkeit finden, dürfen derart brutale Bilder die Mitbürger aufschrecken?
Neuregelung des § 201a StGB: Schutz des höchstpersönlichen Lebensbereichs
Es ist verständlich, dass es zum Kernbereich der Würde des Menschen gehört, dass er in seinem höchstpersönlichen Lebensbereich und in seiner Hilflosigkeit nicht zum Thema in der Allgemeinheit wird. Auch die Opfer von Messerattacken haben noch ihre Würde, auch wenn sie schwerverletzt am Boden liegen. Diese Ereignisse unterstreichen die Wichtigkeit einer effektiven Gesetzgebung, die sowohl den Schutz des höchstpersönlichen Lebensbereichs als auch die Sicherheit und den Schutz von Personen des öffentlichen Lebens gewährleistet. Die Neuregelung des § 201a StGB ist ein Schritt in diese Richtung.
Hintergrund und Zielsetzung der Neuregelung
Der ursprüngliche § 201a StGB schützte primär vor der unbefugten Aufnahme und Verbreitung von Bildern aus dem höchstpersönlichen Lebensbereich. Mit der Verbreitung von Smartphones, Überwachungskameras und sozialen Medien ist jedoch die Gefahr gestiegen, dass solche Aufnahmen leichtfertig oder gezielt ohne Einwilligung der Betroffenen erstellt und verbreitet werden können.
Die Neuregelung zielt darauf ab, den Schutz der Privatsphäre zu verstärken und klarere rechtliche Rahmenbedingungen zu schaffen. Der Gesetzgeber möchte damit sowohl die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen stärken als auch abschreckend auf potenzielle Täter wirken.
Kernpunkte der Neuregelung
Die Änderungen im § 201a StGB umfassen mehrere wesentliche Aspekte:
- Erweiterter Tatbestand: Der Tatbestand wurde erweitert, um eine größere Bandbreite an unbefugten Bildaufnahmen zu erfassen. Dazu gehören nicht nur heimliche Aufnahmen, sondern auch solche, die gegen den ausdrücklichen Willen der betroffenen Person gemacht werden. Dies soll sicherstellen, dass auch offensichtliche Übergriffe strafrechtlich verfolgt werden können.
- Schutz der Intimsphäre: Besonders schützenswerte Bereiche, wie die Intimsphäre von Personen, werden durch die Neuregelung noch stärker betont. Aufnahmen, die in diesen Bereichen gemacht werden, unterliegen besonders strengen Strafandrohungen, um die Privatsphäre der Betroffenen zu schützen.
- Erhöhung der Strafrahmen: Die Strafrahmen für Verstöße gegen § 201a StGB wurden angehoben. Dies soll eine deutliche Signalwirkung haben und potenzielle Täter abschrecken. Schwerwiegende Fälle, insbesondere solche mit weitreichender Verbreitung der Aufnahmen, können nun mit bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe geahndet werden.
- Verstärkter Opferschutz: Die Neuregelung sieht auch verstärkte Maßnahmen zum Schutz der Opfer vor. Dies umfasst unter anderem bessere rechtliche Möglichkeiten zur Entfernung und Löschung unbefugt verbreiteter Bildaufnahmen sowie Unterstützung bei der zivilrechtlichen Durchsetzung von Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen.
Zeitpunkt der wesentlichen Änderungen
Die wesentlichen Änderungen im § 201a StGB wurden im Rahmen des „Gesetzes zur Verbesserung des Schutzes gegen Nachstellungen“ (Stalking-Gesetz) beschlossen und sind am 1. Januar 2021 in Kraft getreten. Dieses Gesetz hat den Tatbestand der unbefugten Bildaufnahmen erheblich ausgeweitet und die Strafen verschärft, um den veränderten gesellschaftlichen und technologischen Rahmenbedingungen gerecht zu werden.
Weitere gesetzliche Anpassungen während der Corona-Pandemie
Neben der Neuregelung des § 201a StGB wurden während der Corona-Pandemie auch andere strafrechtliche Bestimmungen angepasst. Ein besonders erwähnenswertes Beispiel ist die erhebliche Modifikation des § 188 StGB („Majestätsbeleidigung“). Diese Änderungen zielten darauf ab, den Schutz von Personen des öffentlichen Lebens vor Verleumdung und Beleidigung zu stärken, insbesondere in Zeiten erhöhter öffentlicher Sensibilität und Informationsverbreitung.
Absicht des Gesetzgebers
Der Gesetzgeber verfolgt mit der Neuregelung des § 201a StGB das Ziel, die Persönlichkeitsrechte der Bürgerinnen und Bürger in einer zunehmend digitalisierten Welt besser zu schützen. Durch die Anpassungen sollen die rechtlichen Grundlagen geschaffen werden, um unbefugte Bildaufnahmen effektiv zu unterbinden und die Privatsphäre der Menschen zu wahren. Gleichzeitig soll die erhöhte Strafandrohung eine abschreckende Wirkung entfalten und das Bewusstsein für den Schutz der Privatsphäre in der Gesellschaft stärken.
Insgesamt reflektiert die Neuregelung die Notwendigkeit, rechtliche Rahmenbedingungen an die modernen Gegebenheiten anzupassen und den Schutz des höchstpersönlichen Lebensbereichs angesichts der technologischen Entwicklungen sicherzustellen.
Es kann aber trotz aller Schutzbereiche für die Verletzten nicht angehen, dass die von den „Messerfachkräften“ betroffene Bevölkerung mit Hinweis auf den Strafbereich des § 201a StGB keinen Anspruch auf das Informationsrecht aus Art. 5 GG hat, diese Brutalität selbst einmal vor Augen geführt zu bekommen.