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Politische Satire am Pranger: Tim Kellner verliert Berufung – Kirchenglocken läuten zum Urteil

Tim Kellner, YouTube-Künstler
Tim Kellner, YouTube-Künstler

YouTube-Künstler Tim Kellner verliert Berufung am Landgericht Detmold

Tim Kellner, ein bekannter YouTuber mit einer großen Fangemeinde von über 500.000 Followern, äußert sich in seinen täglichen Beiträgen zum aktuellen politischen Geschehen. In einem kürzlich ergangenen Urteil des Amtsgerichts Detmold erfolgte nun am 05.06.2024 die Berufungsverhandlung vor dem Landgerichts Detmold. Hier hat Tim Kellner die Berufung im Verfahren wegen Beleidigung verloren. Es ging um die Verunglimpfung von vier prominenten Politikerinnen.

Tim Kellner wurde zu einer Geldstrafe von 11.000 Euro verurteilt, weil er in mehreren Fällen Politikerinnen beleidigt hat. Die Verurteilung umfasst Beleidigungen gegen Annalena Baerbock, Nancy Faeser, Sawsan Chebli und Emilia Fester.

In seinem Video über die Verurteilung berichtet Tim Kellner, dass dabei die Kirchenglocken geläutet haben: (6) ICH wurde in allen Fällen VERURTEILT! 💥⚡️Faeser unterzeichnete persönlich! – YouTube

Annalena Baerbock: Kellner hatte Baerbock in einem seiner Videos als „nigerianische Scheißhausexpertin“ bezeichnet. Dies basierte auf einem Kommentar von Baerbock zur Bedeutung sicherer sanitären Anlagen in Nigeria im Kontext einer feministischen Außenpolitik. Zusätzlich bezeichnete er sie als „Planer-Expertin für Toiletten“ und verwendete dabei vulgäre Ausdrücke​ (Alexander Wallasch | DE)​​ (FREILICH Magazin)​.

Sawsan Chebli: In Bezug auf Sawsan Chebli nutzte Kellner Fremdmaterial und Äußerungen aus anderen Videos, die er in seine eigenen Clips einfügte. Unter anderem beinhaltete dies Aussagen wie „Ey, du kleine Fotze. Ey, du kleine Fotze, du Dreckige“. Auch diese Art der Verbreitung von Beleidigungen wurde vom Gericht als strafbar angesehen, da er sie sich zu eigen gemacht habe​ (FREILICH Magazin)​​ (Blog-Demokratie.de)​.

Nancy Faeser: Tim Kellner bezeichnete die Bundesinnenministerin Nancy Faeser in einem seiner Videos als „aufgedunsene Dampfnudel“. Diese Äußerung wurde als eine persönliche Beleidigung angesehen und spielte eine Rolle bei seiner Verurteilung​ (FREILICH Magazin)​​ (Blog-Demokratie.de)​.

Im Verfahren vor dem Amtsgericht ging es wohl auch noch um die vermeintliche Beleidigung gegen Emilia Fester, die aber vom Amtsgericht offenbar nicht als justiziabel angesehen wurde:
Emilia Fester:
Die Grünen-Politikerin Emilia Fester fühlt sich in Kellners Videos mehrfach beleidigt. Er nannte sie unter anderem eine „kleine verlogene Göre“. Diese Aussagen stammen direkt von Kellner. Weiterhin nutzte Kellner Fremdmaterial und integrierte Beleidigungen wie „Ey, du kleine Fotze“ und „shut the fuck up, bitch“ in seine Videos, die er sich durch den Kontext der Einbindung nach Ansicht sich zu eigen machte​ (FREILICH Magazin)​​ (Blog-Demokratie.de)​.

Leider liegt noch kein (anonym) veröffentlichtes Urteil vor, insofern sind wir bei der Berichterstattung auf diese Sekundärquellen angewiesen.

Politische Satire und Kunstfreiheit

Tim Kellner verteidigt sich, indem er seine Äußerungen als durch die Meinungs- und Kunstfreiheit gedeckt ansieht und plant, gegen das Urteil Revision einzulegen. Er sieht sich als Opfer einer politisch motivierten Justiz, die seiner Meinung nach rechtsgerichtete Meinungen härter bestraft als linke​​​ (Insider News)​​ (Baerbock-beleidigt)​.

Es gibt mittlerweile sehr viele Strafverfahren gegen Journalisten, Kunst- und Kulturschaffende sowie kritische Bürger, die von Politikern initiiert wurden. Ein Beispiel ist das Plakat, in dem die Grünen-Politiker Habeck, Lang (als Walze) und Baerbock (als trotziges Kind) dargestellt werden. Hier wurde zunächst ein Strafbefehl erlassen. Meinung und Wahrheit hat darüber berichtet: Staatsmacht vs. Bürgerstimme: Die kontroverse Jagd auf politische Satire in Deutschland – Meinung und Wahrheit (meinung-und-wahrheit.de). Auch die Äußerungen von Gerald Grosz am Politischen Aschermittwoch in Osterhofen befinden sich noch in der juristischen Prüfung: Streit um Reden: Dr. Söder und AfD-Redner Gerald Grosz in juristischer Konfrontation – Meinung und Wahrheit (meinung-und-wahrheit.de). Ein weiteres markantes Verfahren war der indirekte Vergleich von Roland Meyer (Don Alfonso) von Robert Habeck mit Bahnhofsalkoholikern: Habeck zeigt Journalisten für diesen Satz an – Freispruch! | NIUS.de

Grundlage all dieser Verfahren ist insbesondere der §188 StGB, der in Zeiten von Corona massiv verschärft, ohne dass es die Öffentlichkeit, die mit den Corona-Themen beschäftigt war, hier umfangreich Kenntnis genommen hat.

Kellners Fall zeigt die zunehmenden Spannungen zwischen politischer Satire und rechtlichen Konsequenzen, was eine breite Diskussion über die Grenzen der Meinungsfreiheit und die Rolle der Justiz in der Bewertung von Satire und politischem Kommentar ausgelöst hat.

Bildnachweis: Screenshot aus dem oben dargestellten Video (6) ICH wurde in allen Fällen VERURTEILT! 💥⚡️Faeser unterzeichnete persönlich! – YouTube

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