Meinung und Wahrheit

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Sponsoren der Grünen: Wie passen Bauernverband und Glyphosat ins grüne Bild?

Die Bundesdelegiertenkonferenz der Grünen, im Volksmund oft als Bundesparteitag bezeichnet, ist ein zentrales Ereignis im politischen Kalender der Partei Bündnis 90/Die Grünen in Deutschland. Sie dient nicht nur der Festlegung der politischen Agenda und der Wahl der Parteiführung, sondern zieht auch Aufmerksamkeit von Medien, politischen Beobachtern und nicht zuletzt von Unternehmen und Verbänden an. Unter den Sponsoren dieser Veranstaltung finden sich namhafte Organisationen und Unternehmen wie der Deutsche Bauernverband, der Pflanzenschutzmittelkonzern Bayer, das Solarunternehmen Meyer Burger, die Lufthansa, die Deutsche Bahn, Google, Iveco und die Telekom. Diese Vielfalt an Sponsoren aus unterschiedlichen Branchen wirft Fragen bezüglich der Beziehungen zwischen den Grünen und ihren finanziellen Unterstützern auf.

Diese Sponsoring-Praxis bei politischen Veranstaltungen ist nicht neu und dient oft der Deckung der Kosten, die solche Großveranstaltungen mit sich bringen. Für Unternehmen und Verbände bietet es eine Plattform, um ihre Marke in einem politisch relevanten Kontext zu präsentieren und Beziehungen zu Schlüsselakteuren zu pflegen. Doch gerade bei einer Partei wie den Grünen, die traditionell für Umweltschutz, Nachhaltigkeit und eine kritische Haltung gegenüber bestimmten Industriezweigen steht, kann das Sponsoring durch Unternehmen aus bestimmten Branchen erhebliche Fragen aufwerfen.

Wenn gerade Unternehmen als Sponsoren in Erscheinung treten, die nach der politischen Agenda der Grünen eigentlich kritisch gesehen werden, wie z.B. die Bayer AG, die einerseits wegen ihrer Düngemittel und andererseits insbesondere nach der Übernahme von Monsanto für das Pflanzenschutzmittel Glyphosphat verantwortlich ist, dann ist man zunächst geneigt, den Grünen zu unterstellen, dass sie dem alten lateinischen Sprichwort „pecunia non olet“ – Geld stinkt nicht frönen. Insgesamt fordern die Grünen ein umfassendes Verbot von Glyphosat als Teil einer breiteren Strategie zur Förderung einer umweltfreundlichen und nachhaltigen Landwirtschaft, die die Gesundheit der Menschen und den Schutz der Umwelt in den Vordergrund stellt. Die Partei nutzt ihre politische Plattform, um auf nationaler und europäischer Ebene für entsprechende Gesetzesänderungen zu werben.

Ähnlich verhält es sich mit dem Sponsoring des deutschen Bauernverbandes (DBV). Zwischen dem Deutschen Bauernverband (DBV) und Bündnis 90/Die Grünen bestehen traditionell Spannungen, die hauptsächlich auf unterschiedliche Ansichten in der Agrar- und Umweltpolitik zurückzuführen sind. Diese Spannungen manifestieren sich in verschiedenen Bereichen:

  1. Umwelt- und Klimaschutz: Die Grünen setzen sich stark für Umwelt- und Klimaschutz ein, was oft strengere Regulierungen für die Landwirtschaft impliziert. Dazu gehören Maßnahmen zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen, der Schutz der Biodiversität und die Förderung ökologischer Landwirtschaft. Der DBV hingegen vertritt die Interessen der Landwirte, die sich durch solche Regulierungen oft in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht sehen. Sie befürchten, dass strengere Umweltauflagen zu höheren Kosten und einem verstärkten Wettbewerbsdruck führen.
  2. Nutzung von Pestiziden und Düngemitteln: Die Grünen kritisieren den Einsatz von chemischen Pestiziden und Düngemitteln in der konventionellen Landwirtschaft wegen der negativen Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit. Sie fordern eine Reduzierung solcher Mittel und eine stärkere Förderung alternativer Methoden. Der DBV argumentiert, dass diese Mittel notwendig sind, um die Ernährungssicherheit zu gewährleisten und Ernteausfälle zu vermeiden.
  3. Tierwohl und Massentierhaltung: Die Grünen setzen sich für höhere Standards im Tierwohl und eine Abkehr von der Massentierhaltung ein. Sie fordern strengere Gesetze und bessere Lebensbedingungen für Nutztiere. Viele Landwirte sehen sich durch solche Forderungen finanziell und praktisch herausgefordert, da die Umsetzung höherer Tierwohlstandards oft mit erheblichen Investitionen verbunden ist.
  4. Landnutzung und Flächenverbrauch: Die Grünen engagieren sich für den Schutz von Naturräumen und den Erhalt der Artenvielfalt. Sie kritisieren die intensive Landwirtschaft und den damit verbundenen hohen Flächenverbrauch. Der DBV hält dagegen, dass eine effiziente Landnutzung notwendig ist, um die Bevölkerung zu ernähren und die ländlichen Räume zu stärken.
  5. Agrarsubventionen und Förderpolitik: Die Grünen fordern eine Reform der Agrarsubventionen, sodass diese stärker an ökologische und soziale Kriterien geknüpft werden. Der DBV sieht in den Subventionen eine wichtige Unterstützung für die Landwirte, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten, und warnt vor negativen Folgen einer zu schnellen Umstellung.

Diese Spannungen spiegeln grundlegende Unterschiede in der Herangehensweise an die Landwirtschaft und den Umweltschutz wider. Während die Grünen eine Transformation hin zu einer nachhaltigeren, ökologisch orientierten Landwirtschaft anstreben, betont der DBV die Bedeutung der konventionellen Landwirtschaft für die Ernährungssicherheit und die ländlichen Wirtschaftsräume. Die Herausforderung besteht darin, einen Ausgleich zwischen Umweltschutz, Tierwohl und der wirtschaftlichen Tragfähigkeit der Landwirtschaft zu finden.

Die Frage, ob die Sponsoren die Grünen beeinflussen oder ob die Grünen die Sponsoren zum Zahlen „erpressen“, ist provokant aber unklar. In der Realität ist die Beziehung zwischen Sponsoren und der Partei wahrscheinlich von gegenseitigen Interessen geprägt. Einerseits suchen Unternehmen und Verbände die Nähe zur Politik, um ihre Anliegen und Interessen zu kommunizieren und sich als verantwortungsbewusste Akteure in der Gesellschaft zu positionieren. Andererseits sind politische Parteien auf finanzielle Unterstützung angewiesen, um ihre Veranstaltungen und Kampagnen zu finanzieren.

Die Annahme, dass Sponsoren ihren „Beitrag“ an die Grünen zahlen, um dann von staatlichen Zuweisungen oder Handlungen zu profitieren, wäre ein unzulässiger Vertrag zu Lasten Dritter (Staatshaushalt), der aber in einem Rechtsstaat natürlich niemals vorkommt. Zwar ist es grundsätzlich denkbar, dass Unternehmen und Verbände durch ihr Sponsoring versuchen, ihre Positionen und Interessen günstig zu positionieren, doch staatliche Zuweisungen und politische Entscheidungen sind an komplexe Verfahren und rechtliche Rahmenbedingungen gebunden, die eine direkte Einflussnahme erschweren.

Gerade die kurz vor Weihnachten 2023 und die seit Januar 2024 erfolgten (offiziellen) Bauernproteste zeigen, dass die Präsidenten des Bundesverbandes und auch die Präsidenten einzelner Landesverbände offensichtlich große Rücksicht auf den angeschlagenen Landwirtschaftsminister Cem Özdemir genommen haben.

In der Bauernschaft gibt es aber auch eine Reihe von Aktivisten, die weiter massiv den Protest gegen die Regierung und die europäische Union anheizen. Die Proteste gegen die Grünen in Biberach an deren „politischem Aschermittwoch“ waren jedenfalls massiv und der lokale Bauernverband hat sich von den Protesten distanziert.

Der Bauernverband hat die Bauernproteste jedenfalls nicht mehr unter Kontrolle.

Besonders aktiv und mit sehr viel Reichweite ausgestattet ist der Landwirt Anthony Lee, vom Verband Landwirtschaft verbindet Deutschland e.V., der regelmäßig an Protestveranstaltungen teilnimmt.

 

 

 

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